Berlin, 16. Januar 2023. Nach zwei Jahren Unterbrechung aufgrund der Corona-Pandemie geht es wieder rund im Berliner Velodrom: Vom 27. bis 29. Januar ist die Kultpiste an der Landsberger Allee Schauplatz des 110. Berliner Sechstagerennens. Was Rang und Namen im deutschen Bahnradsport hat, ist in an den drei Renntagen im Velodrom anzutreffen: Roger Kluge, Theo Reinhardt, Franziska Brauße, Lea Sophie Friedrich, Emma Hinze, Robert Förstemann – das Who-is-who des deutschen Bahnradsports ist am Start. Dazu kommen internationale Top-Stars wie Olympiasieger Roy van den Berg und Weltmeister Yoeri Havik aus den Niederlanden.

Zuletzt rollten die Sixdays 2020 über das 250-Meter-Oval, ehe Covid 19 für einen Zwangsstopp sorgte. „Wir freuen uns, dass wir endlich wieder Spitzen-Bahnradsport im Velodrom Berlin anbieten können. Nach zwei Jahren Pause haben wir das Konzept auf drei Tage verkürzen müssen, ballen so aber Spitzensport, Party und den Familiensonntag an den drei Top-Tagen Freitag, Samstag und Sonntag“, sagt Valts Miltovics, Geschäftsführer der Six Day Berlin.

Im Mittelpunkt steht erneut das Elite-Feld der Herren, das von den zweimaligen Madison-Weltmeistern Roger Kluge und Theo Reinhardt angeführt wird. Die Lokalmatadoren sind gute Bekannte im Velodrom: Kluge trug sich 2011 (mit Robert Bartko), 2013 (mit dem Niederländer Peter Schep) und 2019 zusammen mit Theo Reinhardt bereits dreimal in die Siegerliste ein. Kluge/Reinhardt wollen Berlin nutzen, um sich auf die Europameisterschaften Mitte Februar in Grenchen/Schweiz einzustimmen. Dort sind die Berliner nach einer Gala-Vorstellung und ihrem Sieg im August bei den European Championships Titelverteidiger im Madison. „Das Sechstagerennen in Berlin läutet definitiv die heiße Phase der EM-Vorbereitung ein“, sagt Kluge, der im Velodrom mit noch schnelleren Rennen rechnet: „Ich glaube, die Geschwindigkeiten werden weiter nach oben gehen, weil wir andere Gänge fahren können. Da kann man noch aggressiver fahren – das ist sicherlich attraktiv für die Fans in der Halle.“

Die schärfsten Konkurrenten von Kluge/Reinhardt dürften aus den Niederlanden kommen: Yoeri Havik fährt zusammen mit dem jungen Vincent Hoppezak. Havik ist seit Jahren eine feste Größe auf der Bahn und gewann bei der WM 2022 in Saint-Quentin-en-Yvelines den Weltmeister-Titel im Punktefahren vor Roger Kluge. Auf dem Podium landen kann auch das zweite deutsche Top-Duo mit Moritz Malcharek (Berlin) und Tim Torn Teutenberg (Köln).

Im Elitefeld der Frauen tragen Franziska Brauße (Eningen) und Lea Lin Teutenberg (Köln) die Startnummer 1 und damit zwangsläufig die Favoritenbürde. Brauße wurde 2021 in Tokio Olympiasiegerin in der Mannschaftsverfolgung, holte zudem mit dem Team den EM- und WM-Titel. Im vergangenen Jahr krönte sich „Franzi“ in Saint-Quentin-en-Yvelines zur neuen Weltmeisterin in der Einerverfolgung. Teutenberg verpasste bei der WM als Vierte im Ausscheidungsfahren nur knapp eine Medaille, wurde aber kurz vor Weihnachten wie ihr Bruder Tim Torn deutsche Meisterin im Omnium. Mit der Tschechin Petra Ševčíková, der U-23-Europameisterin von 2022 im Scratch, und der Polin Karolina Karasiewicz, die bereits einen Weltcup im Scratch gewann, stehen weitere starke Fahrerinnen im Frauen-Feld.

Das Sprinter-Feld der Männer wird ebenfalls von einem Olympiasieger angeführt: Roy van den Berg. Der Niederländer, außerdem dreifacher Weltmeister, siegte 2021 in Tokio im Teamsprint. Die deutschen Hoffnungen ruhen auf Stefan Bötticher (30). Der Chemnitzer reist direkt aus einem Trainingslager in Südafrika nach Berlin an und will sich hier ebenfalls Wettkampfpraxis für die EM in der Schweiz holen. Der zweimalige Weltmeister ist immer noch einer der Besten seines Faches und belegte bei der UCI Track Champions League 2022 einen starken dritten Platz. Auch Publikumsliebling Robert Förstemann (36) gehört nicht zum „alten Eisen“. Nach seiner „Umschulung“ zum Tandem-Para-Piloten will der Mann mit den „Monster-Oberschenkeln“ das Velodrom zum Beben bringen und beim Runden-Rekordfahren glänzen.

Bei den schnellen Sprint-Frauen geben sich Lea Sophie Friedrich (23/siebenfache Weltmeisterin), Emma Hinze (25/sechsfache Weltmeisterin) und Pauline Grabosch (25/vierfache Weltmeisterin) die Ehre. Die „schnellste Trainingsgruppe der Welt“, die sich zusammen in Cottbus auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris vorbereitet, lieferte sich schon 2020 bei der letzten Sixday-Austragung spannende Duelle bis auf den Zielstrich – damals mit dem besseren Ende für Emma Hinze, deren Stern dann wenige Wochen später bei der WM im Velodrom mit drei Goldmedaillen vollends aufging. Erstmals im Kreis der Elite dabei ist eine weitere deutsche Sprint-Hoffnung der Zukunft: Clara Schneider: Die 18-Jährige aus Finsterwalde wurde 2022 dreifache Junioren-Weltmeisterin und trainiert ebenfalls in Cottbus.

Die beliebten Steher-Rennen sind am Freitagabend im Programm. Im internationalen Starterfeld ist unter anderem der EM-Dritte Daniel Harnisch mit Schrittmacher Peter Bäuerlein am Start. Das Duo aus Leipzig und Nürnberg gewann Anfang Oktober auch im Velodrom die deutsche Meisterschaft der Steher. Eröffnet werden die drei Renntage jeweils mit Rennen des „Berlin Cup Futures“, in der sich wie gewohnt die besten Nachwuchsfahrerinnen und -fahrer messen. Neu dabei sind die Wettbewerbe für Sprinterinnen und Sprinter.